Scoot, Business Class, B787
Guangzhou – Singapur
Ich traf etwa 1:40 vor Abflug am Baiyun International Airport ein. Die Abflughalle ist zwar großzügig dimensioniert, aber gut beschildert, sodass die richtige Schalterreihe schnell gefunden werden konnte. Der Check In war gut organisiert. Für die wenigen Business Class-Kunden gab es einen separaten Schalter, sodass keine Wartezeit entstand. Bei der Sicherheitskontrolle und Ausreise gab es keine Fast Lane, es entstanden aber auch so kaum Wartezeiten.
Der Scoot Business-Tarif beinhaltet keinen Lounge-Zugang, sodass die Wartezeit am Gate verbracht werden musste. Prinzipiell gibt es die Möglichkeit, den Lounge-Zugang (auch mit Economy Ticket) gegen Gebühr zu erwerben („Scoot in Style“, inkl. Priority Boarding für Economy Kunden), was aber hier entfiel, da zum nächtlichen Abflugzeitpunkt in Guangzhou generell keine Contract Lounge mehr zur Verfügung steht. Am Gate selbst waren leider viel zu wenige Sitzplätze vorhanden, sodass ich auf ein anderes, unbenutztes Gate auswich. Das Boarding war nicht gut organisiert. Zwar war ein Priority Boarding ausgewiesen und wurde auch durchgesetzt, mangels klarer Absperrungen oder Bildung von Warteschlangen musste man sich allerdings erst mühsam durch die Masse der Economy-Passagiere kämpfen.
Eingestiegen wurde über eine Fluggastbrücke an der zweiten Tür, sodass auf dem Weg zur Business Kabine noch die kleine „Scoot in silence“ Sektion der Economy Class durchschritten werden musste. Die Beinfreiheit sah nicht grundlegend miserabel aus und bewegt sich auf dem Niveau von Full Service Airlines.
Ich hatte Sitz 1K reserviert und der Nebensitz blieb frei, wie überhaupt die Mehrzahl der 35 Sitze in der Kabine, was einige Economy-Kunden zu spontanen Self Upgrades verführte, die aber natürlich rigoros unterbunden wurden.
Der Business Sitz muss hingegen als enttäuschend eingestuft werden. Es handelte sich um Recliner-Sitze in 2-3-2 Anordnung. Jeder Sitz hatte beiderseits eine eigene Armlehne, wovon sich unter einer der ausklappbare Tisch befand. Rückenlehne und Beinstütze wurden über Hebel an der Armlehne entriegelt. Sowohl die Verstellbarkeit der Rückenlehne als auch die Beinfreiheit ließen zu wünschen übrig. Die Beinstütze war unbrauchbar, zu kurz und ohne Fußleiste, sodass sie bei meiner Beinlänge keinerlei Mehrwert brachte. Zwar mag es (v. a. in Europa) auch Full Service Airlines geben, die vergleichbar lange Strecken mit Narrow Body-Maschinen und normalen Economy-Sitzen in der Business Class (mit freiem Nebensitz) bedienen (z. B. Lufthansa oder British Airways) – im Vergleich zum asiatischen Marktumfeld ist das Scoot-Produkt aber unterklassig und bestenfalls auf Premium Economy Niveau (preislich natürlich auch). Auch die Widebody Business Sitze der Konkurrenten Air Asia X und Jetstar sind überlegen.
Alle Sitze sind mit Steckdosen ausgestattet, aber nur in der Business Class ist deren Benutzung kostenlos und auch da waren nur die Steckdosen der besetzten Sitze aktiviert, ein zweites Gerät am freien Nebensitz zu laden wäre nicht möglich gewesen. Ein Audio/Video-Unterhaltungssystem ist nicht eingebaut, allerdings können Filme und TV-Serien über eine App auf dem eigenen Endgerät abgespielt werden. Natürlich ist dafür ein kostenpflichtiger Code nötig, wobei dieser allerdings in der Business Class zum Testzeitpunkt im Rahmen einer Promotion kostenlos ausgegeben wurde. Ob das langfristig so bleibt, wird sich zeigen müssen. Ein mittelmäßiges Bordmagazin war vorhanden. WLAN gab es auch in der Business Class nur gegen Gebühr.
Ebenso gab es Annehmlichkeiten wie Decken oder Kissen auch nur gegen Gebühr (sogenanntes Snooze Kit inkl. Schlafbrille), was wir auf einem Nachtflug in der Business Class unverschämt finden. Beim Konkurrenten Air Asia X sind Decken und Kissen in der Widebody Business Class (Premium Flatbed) gratis. Auch sonst gab es keinerlei Komfortartikel. Die Bordtoiletten waren spartanische ausgestattet, es gab weder Sitzabdeckungen noch desinfizierende Tücher, Pflegelotion oder Zahnbürsten.
Die Vorbereitungen zum Abflug liefen relativ effizient und die Crew („Scootees“) war durchweg freundlich und wohlgestimmt. Vor dem Abflug wurden in der Business Kabine noch 100 ml Wasser im versiegelten Plastikbecher gereicht. Zudem wurden vor dem Abflug die Getränkewünsche für den Mahlzeiten-Service aufgenommen, wobei ein Getränk aus dem gesamten Sortiment (inkl. Wein oder Spirituosen) gewählt werden konnte.
Die Zeitspanne bis vom Abflug bis zum Mahlzeiten-Service war mit 40 min für einen Nachtflug in einer mit nur 12 Passagieren besetzten Business-Kabine zu lang. Auch die Service-Geschwindigkeit war zu langsam. Die Tabletts wurden individuell gereicht und nicht von einem Trolley serviert, was wir aus Stilgründen bevorzugen. Andere Airlines bekommen das aber entschieden schneller hin, zumal die Präsentation natürlich erschreckend einfach war. Das Pasta-Gericht war nicht zu genießen, deutlich unter dem Economy-Niveau der meisten Full Service Airlines. Die Verpackung war zudem schwer zu öffnen. Die Folie konnte nicht abgezogen werden, sondern musste ringsum mit dem (Plastik-)Messer ausgeschnitten werden. Die Konsistenz der Nudeln war viel zu weich, die Serviertemperatur zu hoch und geschmacklich war das Gericht auch kein Highlight. Positiv ist hingegen die Beigabe von 100 Gramm Ritter Sport Schokolade zu bewerten. Dass das Gebotene für einen 4,5-stündigen Business Class Flug unterklassig ist, steht außer Frage.
Kurz vor der Landung ging die Crew nochmals mit einem Tablett mit Wasserbechern durch die Business Kabine. Zuvor wurden bereits die Einreiseformulare verteilt und mittels Bordlautsprecher eindringlich die Aufmerksamkeit auf den roten Warnhinweis auf der Rückseite der Einreisekarte (Todesstrafe für Drogenschmuggler) hingewiesen.
Die Landung erfolgte etwa eine Stunde (!) vorzeitig. Bei der Einreise entstand keinerlei Wartezeit. Leider wird bei Scoot das Gepäck der Business Kunden nicht priorisiert ausgeliefert (auch nicht entsprechend markiert), sodass hier fast 10 min Wartezeit entstanden, was einen weiteren Punktabzug beim Ground Handling nach sich zieht.
Fazit/ Bewertung
Ground Handeling
Getränke
Serviceablauf
Sitz und Ausstattung
Komfort-Artikel
Mahlzeiten
Entert. & Business
%
Gesamtwertung
Scoot bewirbt den Tarif als Business Class und so ist er auch bei den gängigen Flugsuchmaschinen eingestuft. Diesem Anspruch kann das Produkt keineswegs gerecht werden. Selbst unter den Recliner-Sitzen verwendet Scoot eines der schlechteren Modelle. Die Mahlzeit war nahezu ungenießbar, der Service zu langsam und Priority Services am Boden (außer beim Check In) Mangelware. Berücksichtigt man allerdings, dass der Flugpreis für den 4,5-stündigen Flug bei 110 € lag, relativieren sich viele der aufgezeigten Mängel und man hätte das Produkt mit weiteren Komponenten (WLAN, Snooze Kit, weitere Getränke) aufwerten können.